Inhalt: Eine Hebamme wird Opfer der Nazi-Euthanasie.
Im Tonfall eines mündlichen Berichts hat die Autorin das traurige Schicksal der Therese Mühlbauer (1898-1940) niedergeschrieben. Ihre Quelle war überwiegend die Enkelin. Deshalb stehen zu Beginn auch deren Erfahrungen, wie ihre Familie darüber schwieg, welches Schicksal ihre Großmutter 1940 erlitten hatte. Obwohl aus bescheidenen Verhältnissen stammend, hatte Therese die Chance, über den Dritten Orden zur Krankenschwester und später zur Hebamme ausgebildet zu werden. Sie versah ihre verantwortungsvolle Tätigkeit in ihrem Heimatort Reit im Winkl, war verheiratet und hatte eine Tochter. Anfang der 30er Jahre war sie plötzlich nicht mehr in der Lage, ihren Haushalt zu führen und ihrem Beruf nachzugehen. In einer psychiatrischen Klinik in München wurde eine Schädigung des Gehirns infolge einer Syphilisinfektion diagnostiziert, die sie sich bei der Betreuung einer Patientin zugezogen hatte. Nach langer Behandlung ohne jegliche Besserung wurde sie in die Pflegeanstalt Gabersee verlegt. Von dort ging ein Transport mit über 100 Heiminsassen zum berüchtigten Schloss Hartheim bei Linz. Unmittelbar nach der Ankunft wurden all diese Personen vergast. Thereses Ehemann wurde eine Urne überstellt und als Todesursache Lungenentzündung angegeben.
Auf Betreiben der Enkelin, die Quellenforschung zum Tod ihrer Oma durchgeführt hatte, wurde 2020 in Reit im Winkl ein Stolperstein für das Euthanasieopfer verlegt. Vielerorts bemüht man sich heute, den Spuren von Opfern der Schoa und der Euthanasieverbrechen nachzugehen. Aber nur selten entsteht dabei ein leicht lesbares Buch für die Öffentlichkeit. Insoweit verdient die Autorin besonderen Dank für diese Form der Erinnerungsarbeit. Systematik: SL Umfang: 235 Seiten Standort: SL Grub ISBN: 978-3-475-54919-9
Inhalt: Roman über die Südtiroler Auswanderer während der Optionszeit und die NS-Morde an Menschen mit Behinderung.
Der Südtiroler Autor schildert am Beispiel einer vierköpfigen Familie das Drama der Südtiroler Bevölkerung, die durch das Abkommen zwischen Mussolini und Hitler gezwungen wurde, sich zu entscheiden: für die Auswanderung in das Deutsche Reich - oder die Zwangsitalianisierung. Die Familie des elfjährigen Ich-Erzählers Ludi entscheidet sich für die Auswanderung. Das daraus entstehende Zerwürfnis des Vaters Pepi mit dessen Bruder Rudi steht exemplarisch für die Zerrissenheit der Südtiroler in dieser Zeit. Mit den Söhnen Ludi und dem jüngeren Hanno, der als Folge von Geburtskomplikationen leicht behindert ist im Sprechen und Gehen, kommen Vater und Mutter in der neuen "Heimat" in Oberösterreich an. Doch die Familie ist dort nur kurz zusammen, Hanno wird bald in ein Kinderheim gebracht, angeblich zur genaueren Untersuchung und Behandlung, der Vater wird zur Wehrmacht einberufen. Nach einigen Monaten erhält die Mutter auf Nachfrage die Mitteilung, ihr Sohn sei in der Heil- und Pflegeanstalt an einer Lungenentzündung gestorben. Die Aussagen der Nachbarn, gewisse Opfer sei man dem "gesunden Volkskörper" schuldig, lassen die wahre Todesursache erkennen. Aus der Sicht des Halbwüchsigen, dem fortan in Nacht- und Tagträumen immer wieder der ermordete Bruder erscheint, lässt der Autor auf sehr gelungene Weise deutlich werden, wie die Toten die Lebenden auch weiterhin begleiten und beeinflussen - ganz besonders natürlich die Mutter, die ebenso verzweifelt wie vergeblich versucht, den Verlust zu verdrängen, und schließlich auch den Vater, der den Tod seines Sohnes im Nachhinein als gerechte Strafe für ein von ihm begangenes Kriegsverbrechen ansieht. Obendrein wird auf eindringliche Art vermittelt, wie schwierig für Migranten der Umgang mit der "Heimat" werden kann: Nirgendwo erfahren die Umsiedler wirklich Aufnahme, weder im Deutschen Reich noch nach ihrer Rückkunft nach dem Krieg in ihrer alten Heimat. - Eindrucksvolle Lektüre, nominiert für den Deutschen Buchpreis, sehr zu empfehlen. Systematik: SL Umfang: 192 Seiten Standort: SL Mall ISBN: 978-3-7011-8286-2
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